Marcumar bei Kindern

Juni 2016

Seitdem Emil im April der künstliche Mitralklappenersatz eingepflanzt wurde, muss er  – wie ja bereits erwähnt – Marcumar nehmen. Marcumar ist ein Gerinnungshemmer, es sorgt also dafür, dass Emils Blut nicht zu schnell gerinnt. Denn auf der mechanischen Herzklappe können sich Thromben, also kleine Blutgerinnsel, bilden. Diese Thromben könnten in die Lunge oder ins Gehirn gespült werden und dort schlimmstenfalls eine Lungenembolie oder einen Hirninfarkt auslösen.

Die Einstellung auf dieses Medikament lief bei uns nicht ganz problemlos ab. Denn es gab einiges zu beachten. Doch bevor wir im Mai aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten, mussten Stefan und ich an einer Marcumar Schulung teilnehmen. Diese umfasste zwei jeweils drei Stunden dauernde Sitzungen. Neben der Praxis des „pieksens“, also des Messens des Gerinnungswertes in Emils Blut, des sogenannten INR Wertes, lernten wir auch einige theoretische Dinge über das Medikament.


Emil war während des praktischen Teils natürlich dabei. Zu Beginn erklärte  Frau Meyer –  die Dame die uns während der kompletten Einstellung unterstützte –  wie der INR Wert gemessen werden muss. Dies geschieht durch einen kapillaren Pieks in den Finger.  Man benötigt  ein Messgerät, einen Kugelschreiberähnlichen „Piekser“ und Teststäbchen. Frau Meyer wies Emil an, die Nadel in das Pieksgerät zu stecken und den Teststreifen in das Messgerät einzuführen. Emil war mit Eifer dabei, denn er liebt es Dinge zusammen- und auseinander zu bauen. Anschließend dürfte Emil mich zur Übungszwecken pieksen. Ich war überrascht und erleichtert, denn man spürt fast gar nichts. Mit diesem Wissen fiel es mir tatsächlich leichter mein Kind in den Finger zu stechen. Emil lies es sich tatsächlich gefallen.


Anschließend ließen Stefan und ich Emil im Spielzimmer bei Andrea zurück und machten uns mit Frau Meyer auf den Weg in den Schulungsraum. An diesem Tag lernten wir, dass der INR Wert in Emils Blut immer zwischen drei und vier liegen muss. Ist er zu niedrig, besteht die Gefahr, dass sich auf dem Mitralklappenersatz Thromben bilden welche in Emils Lunge oder in sein Gehirn gespült werden könnten. Schlimmstenfalls könnte das zu einer Lungenembolie oder einem Hirninfarkt führen. Ab einem Wert von 2,5 sollen wir Emil zwei Tage hintereinander Heparin spritzen um das Blut zu verdünnen und außerdem die Marcumardosis verdoppeln. Frau Meyer erklärte uns außerdem, auf welche Anzeichen wir zu achten hatten um im schlimmsten Fall schnellstmöglich handeln zu können. Danach erklärte sie uns  was zu tun war, wenn der Wert mal zu hoch ist. Denn dann besteht ein höheres Blutungsrisiko. Dadurch dass Jajos INR Wert zwischen drei und vier liegt braucht das Blut drei bis viermal länger um zu gerinnen als bei einem Menschen der nicht marcumarisiert ist. Sollte der Wert also noch höher als vier legen, erhöht sich die Dauer bis Emil aufhört zu bluten natürlich noch weiter. Wenn wir einen zu hohen Wert messen, sollen wir Emil mit Spinat, Sauerkraut oder Rosenkohl füttern, denn dieses Gemüse enthält sehr viel Vitamin K und das hilft den INR Wert zu senken.

Die Schulung machte mich nicht unbedingt ruhiger. Ich war unsicher, hasste es meinem Kind wehtun zu müssen und hatte Sorge wegen all der Dinge die wegen des Marcumars passieren konnten. Zum Glück würde Frau Meyer uns zu Beginn noch telefonisch unterstützen.

Zu Hause angekommen sollten wir einmal in der Woche messen. Die erstem Male klappte es nicht so gut und ich brauchte viele Teststäbchen bis es endlich funktionierte. Doch es wurde besser. Emil lies sich wieder erwarten recht gut auf das Medikament einstellen. Sein INR Wert lag die ersten Wochen immer zwischen 3,2 und 3,8. Langsam wurde ich ruhiger. Bis zu seiner Mittelohentzündung im Juni. Ich habe im vorherigen Kapitel ja bereits darüber berichtet. Diese paar Tage in denen sein INR Wert drunter und drüber ging, hat uns sehr viel Kraft gekostet. Erst langsam pendelt es sich wieder ein. Trotzdem, der nächste Infekt mit Antibiotokagabe hängt wie ein Damoklesschwert über uns. Bei jedem Husten, jedem Niesen horchen wir auf. Es ist genau wie damals als Emil jedes Mal eine Bronchitis oder Lungenentzündung bekam. Die Angst ist wieder da! Aber dieses Mal ist das Antibiotikum nicht der Retter in der Not sondern der Angreifer. Emil benötigt aber seine Endokarditisprophylaxe, sein Herz muss geschützt werden, wir können also nicht auf Antibiotoka verzichten. Ich hoffe einfach, dass es beim nächsten Mal nicht so schlimm werden wird. Die Clexanespritzen – also das Heparin – haben wir ja inzwische auch zu Hause. Wir werden dann einfach jeden Tag messen. Und darauf vertrauen müssen, dass alles gut gehen wird…..