Alltag

April 2011 bis August 2011

Langsam aber stetig hielt der Alltag bei uns Einzug. Es wurde Frühling, wir verbrachten viel Zeit in unserem Garten und versuchten uns wohnlich einzurichten. Emil erholte sich gut, ihn schien die lange Zeit im Krankenhaus nur noch wenig zu belasten. Wir versuchten ihm den Halt zu geben den er benötigte,ohne ihn dabei zu verziehen und ich glaube, dass ist Stefan und mir sehr gut geglückt. Emil ist ein tolles Kind. Er hat einen sehr lieben Charakter.

Ende März beschlossen Stefan und ich, dass Emil kein Einzelkind bleiben sollte. Mitte Mai wurde ich dann schwanger. Wir freuten uns sehr darüber.

IMG_0097Im April fiel mir auf, dass Emil sehr schwer atmete. Besonders im Schlaf klang seine Atmung sehr gequält. Wir ließen uns vorsichtshalber einen Termin im HNO Bereich der Kinderklinik Siegen geben. Dort diagnostizierte die Ärztin unter massiver Gegenwehr von Emil ein sogenanntes Intubationsgranulom, auch Stimmlippengranulom genannt. Dieses war durch die lange Intubationszeit entstanden. Wir sollten uns einen Termin in der Uniklinik Gießen geben lassen, da man es dort bessere behandeln konnte. Also fuhren wir wieder einmal nach Gießen. Dort musste Emil eine Kehlkopfspiegelung über sich ergehen lassen, d.h. ihm wurde ein Schlauch in die Luftröhre geschoben. Unser Kind fand das wortwörtlich zum kotzen, er regte sich so auf, dass er sich, mich und den Arzt von oben bis unten bebrach. Armer Wurm. Der HNO Arzt beschloss, dass das Granulom entfernt werden müsse, sollte es nicht vom allein verschwinden. Dafür müsse Emil zwei Tage stationär auf Czerny aufgenommen werden. Wir sollten Mitte Mai erneut zur Kontrolle kommen, dann würde ein Termin für den Eingriff festgelegt werden. Ein paar Tage später fand ich morgens einen kleinen Blutstropfen in Emils Bett. Das Granulom hatte sich von selbst gelöst, der Wurm atmete entspannter und so blieb ihm wenigstens diese OP erspart.

IMG_0099Auf den Frühling folgte der Sommer. Ich litt von Beginn an ziemlich unter Schwangerschaftsübelkeit und musste mich mehrmals täglich übergeben. Trotzdem freuten wir uns wahnsinnig, dass Emil ein Geschwisterchen bekommen würde. Ich war mir von Anfang an sicher, dass unser zweites Kind gesund zur Welt kommen würde. Um aber komplett sicher zu gehen, ließ ich eine Amniozentese, eine Fruchtwasseruntersuchung, machen. Es war alles in Ordnung und wir erfuhren, dass wir einen zweiten Sohn bekommen würden. Auch das darauf folgende Organscreening verlief ohne Befund.

Der Sommer war warm und trocken, Emil und ich verbrachten viel Zeit im Freibad. Ich versuchte die Blicke der Menschen zu ignorieren, versuchte emotional nicht an mich heranzulassen, dass die anderen Badegäste den zerschundenen Körper meines kleinen Sohnes häufig mit Blicken taxierten. Emils Herz-gesundmach-Narben bestehen aus folgenden Narben: direkt auf der Brust hat er seinen „Reißverschluß“, der nach mehrmaligem Öffnen doch schon sehr deutlich zu sehen ist. Unmittelbar darunter befinden sich die Vernarbungen von den Wunddrainagen, dann folgt eine Narbe an der linken Seite des Bauches unter der sich der Schrittmacher befindet, eine kleine schmale Vernarbung  unterhalb der rechten Brustwarze durch die der erste Schrittmacher eingesetzt werde musste und zu guter letzt noch die OP-Narbe unter dem linken Arm. Dazu kommt noch der „Punkt“ an seinem Hals wo der ZVK drin steckte. Man kann also alles in allem sagen, das Emil ausschaut, als wäre er in eine Messerstecherei geraten. Trotzdem ist er der schönste Emil auf der ganzem Welt, jedenfalls für mich ;-).

IMG_0100Der Sommer verging schnell, er war schön und ich war glücklich. Wir führten ein völlig normales Leben, mein Bauch wuchs, die Übelkeit verging zwar nicht ganz, wurde aber besser. Und Mitte August war es dann soweit. Emil hatte seinen ersten Kindergartentag.