Die Rückstellung

Winter 2013/2014 bis Sommer 2014

IMG_0167Jajos Kindergartenzeit raste nur so an uns vorbei und auf einmal war er fünf Jahre alt. Und damit tat sich ein neues Problem auf: Jajo wurde am vierten September 2014 sechs Jahre alt und war damit in NRW schulpflichtig. Denn in unserem Bundesland müssen alle Kinder, die bis Ende September sechs werden, in diesem Jahr auch eingeschult werden. Man hat als Eltern nicht mehr die freie Wahl, so wie das damals gewesen war. Eine Rückstellung ist nur noch aus medizinischen Gründen möglich! Nun gut, die lagen bei uns ja nun definitiv vor. Und Jajo war einfach noch nicht so weit, um in die Schule gehen zu können. Er hatte noch ziemlichen Nachholbedarf, war zu verspielt, motorisch noch nicht fit und körperlich zu klein und zu leicht. Inzwischen gingen wir zwar zur Egotherapie – diese Zeit tat ihm auch sehr gut – aber es war natürlich nicht möglich, alle seine Defizite in einer Stunde in der Woche aufzuholen. Und ich finde die Regelung, dass Kinder so früh eingeschult werden müssen, übrigens auch absolut unmöglich. Da kommen Kinder in die Schule, denen ein weiteres Jahr im Kindergarten noch so gut getan hätte. Und diese Kinder werden dann in der zweiten oder dritten Klasse häufig sowieso zurückgestellt. Mein jüngerer Bruder beispielsweise hat am 17. September Geburtstag und es war keine Frage, dass er mit knapp sieben eingeschult wurde!

IMG_0181Wir begannen also bereits 2013, uns um eine Rückstellung von der Schule für Jajo zu kümmern. Als erstes telefonierte ich mit dem Schulamt und informierte die zuständigen Sachbearbeiterin über unsere Situation. Als nächstes erhielten wir einen vorgezogenen Termin für die Schuluntersuchung im Januar 2014. Ich sammelte alle nötigen Arztbriefe und Beurteilungen für Emil zusammen, die uns in diesem Fälle helfen konnten. Und das waren einige. Stefan war an diesem Tag leider beruflich sehr eingespannt und Johann hatte noch keinen Kundergartenplatz, deshalb musste ich diesen Termin alleine mit beiden Kindern wahrnehmen. Und die beiden gaben ihr Bestes. Sie tobten rum und veranstalteten eine Menge Unsinn. Eigentlich war das für mich kein Problem, dass Jajo so unkonzentriert bei der Sache war, schließlich wollte ich diese Rückstellung. Ich hatte ihm deshalb auch nicht extra eingetrichtert, dass er sich benehmen sollte. Als ich aber den Raum mit Johann verlassen sollte weil der eine zu große Ablenkung für Emil darstellte, wollte mein Großer mich nicht gehen lassen. Ich habe in solchen Situationen, also wenn ich von dritten beobachtet werde, immer Schwierigkeiten, mich angemessen gegenüber meiner Kindern durchzusetzen. Ich bin dann einfach sehr unsicher. Und so war es auch diesmal. Jajo klammerte sich an mich und ich sagte ihm, dass wir gleich wieder da sein würden, dann verlies ich den Raum mit einem unguten Gefühl. Eine viertel Stunde später wurden Johann und ich wieder rein gerufen. Und die Schulärztin hatte doch tatsächlich die Frechheit mir zu sagen, dass ich an meiner Mutter -Kind-Bindung arbeiten müsse!  Sie sagte, ich müsse konsequenter sein, auch wenn Emil so krank wäre. Und sie wisse ja, was wir durchgemacht hätten, eines ihrer Kinder wäre auch schon mal operiert worden. Da platzte mir aber der Kragen. So etwas dreistes hatte ich noch nie erlebt. Im Nachhinein fallen mir immer so schöne Sachen ein, die ich in solchen Momenten hätte sagen können, in der Situation aber leidet meistens nicht. Trotzdem wehrte ich mich massiv. Man kann ja wirklich viel über mein Können als Mutter sagen, aber inkonsequent bin ich sicher nicht! Sie ruderte dann auch zurück und stellte den Schein für Jajos Rückstellung aus.

IMG_0189Ein paar Monate später tauchten erneut Probleme auf. Plötzlich meldete ich das Kreiskirchenamt – der Träger von Emils Kindergarten – zu Wort. Unser Sohn sei im kommenden Kindergartenjahr ja eigentlich schulpflichtig, auch wenn er zurückgestellt worden sein, und hätte damit sein Recht auf einen Kindergartenplatz in dieser Einrichtung verloren. Es war, als wolle uns jemand Steine in den Weg legen. Wir besprachen uns mit der Kindergartenleitung, die auf unserer Seite stand und erhielten zudem noch Unterstützung von Jajos zukünftiger Schule. Wieder sammelte ich alle Arztbriefe, alle Beurteilungen und Empfehlungen von Emil zusammen und reichte sie beim Kreiskirchenamt ein. Doch wir erfuhren wochenlang nichts. Stefan und ich riefen wöchentlich mehrmals bei der zuständigen Sachbearbeiterin an und schrieben viele Mails, erreichten sie aber nicht ein einziges Mal. Langsam wurde es Sommer und Jajos Kindergartenjahr neigte sich dem Ende zu, aber wir hingen immer noch in der Schwebe. Erst als Stefan eine Mail an alle wichtigen Personen des Kreiskirchenamtes deren Mailadresse er finden konnte, schickte, kam die Sache ins Rollen. Abends um elf, am Tag vor Jajos letzten Kindergartentag, bekamen wir eine Mail, dass unser Sohn auch im nächsten Kindergartenjahr noch die Einrichtung besuchen durfte.