Komplikations-Man

22. bis 25. April 2016

Emils Operation lief laut Chirurgen und Anästesisten verhältnismäßig gut. Natürlich hatte der Eingriff mit über 13 Stunden sehr lange gedauert, trotzdem verlief alles soweit planmäßig. Soweit, so gut. Als wir Emil gegen halb elf endlich sehen konnten, waren wir erstaunt wie „fit“ er aussah. Unsere Kardiologin, die die Nachtschicht auf Intensiv hatte, beruhigte uns, sein Herz würde gut schlagen und hatte die beiden Zeiten an der Herz-Lungen-Maschine relativ gut verkraftet. Natürlich müsse man nun die Nacht abwarten, sollten wieder Erwarten Komplikationen auftreten, würde man uns anrufen. Etwas beruhigter machten sich Stefan und ich auf den Weg in unsere Pension.

Nach all der Anspannung, der Ungewissheit  und der Angst der vergangenen Stunden spürten wir beide nur noch Müdigkeit und Hunger. Nachdem wir uns an einer Dönerbuden mit Essen versorgt hatten, fielen wir in einen traumlosen Schlaf.


Am nächsten Morgen bat ich Stefan auf Intensiv anzurufen um zu fragen wie es Jajo ging. Die Ärztin aus dem Nachtdienst erzählte uns, dass die Nacht durchwachsen gewesen war. So benötige Emil noch einige kreislaufstabilisierende Medikamente, sein Blutdruck sei zu niedrig und ihm mussten zwei Drainagen gelegt werden. Außerdem funktionierte der neue Schrittmacher noch nicht optimal. Jajo sei verhalten stabil.

Um elf durften wir zu ihm. Er sah wie immer nach OP schlimm aus und wie immer brauchte ich einen Moment, um mich daran zu gewöhnen. Der Arzt aus der Tagschicht erzählte uns, dass man im Ultraschall etwas gesehen hatte, was auf ein Hämatom neben dem Herzen hindeuten könne. Das würde auch die schlechten Werte erklären. Man wolle jetzt noch das Röntgenbild abwarten und dann entscheiden was zu tun sei. Eventuell müsse man nochmal operativ ans Herz.


Nach der Mittagspause um halb drei hatten wir dann Gewissheit. Emil sollte nochmal in den OP um das Hämatom auszuräumen. Um viertel vor drei kam er runter. Wieder machte ich mir Sorgen, doch diesmal war Stefan mein Ruhepohl. Zweieinhalb Stunden später war Jajo wieder da. Es hatte alles komplikationslos geklappt, das Hämatom könnte entfernt werden und eine Elektrode des Schrittmachers noch optimaler platziert werden.

Seit dem nimmt Emil, der „Komplikations-Man“, wie er liebevoll auf Intensiv genannt wird nur noch die kleineren Komplikationen mit. Es scheint sich wieder ein Chylothorax zu entwickeln, genaueres erfahren wir sicherlich heute. Auch die Lungen funktionieren noch nicht optimal, er hat recht viel Schleim drauf und muss häufig abgesaugt werden.

An Extubation ist heute – vier Tage nach OP – auch noch nicht zu denken. Dafür müssen die Lungen noch besser werden. Erst danach kann auch die Sedierung weiter zurück genommen werden. Aber mit viel Glück werden heute die Wunddrainagen gezogen.


Jajo hat etwas Wasser im Gewebe eingelagert, aber auch das hält sich noch im Rahmen. Außerdem hatte er gestern Abend auf einmal Sättigungsabfälle, die Sättigung raste nach unten auf 80 Prozent, normal ist für ihn immer um die 100. wieder war die Angst da. Doch ein Arzt konnte uns beruhigen, das sei in seiner Schicht schon öfter passiert, entweder vor oder nach dem Absaugen, Emil benötige dann kurzzeitig einfach mehr Sauerstoff in der Intubation. Und tatsächlich; nach ein paar Minuten besserte sich die Sättigung.

Außerdem fiel gestern bei der Schrittmachereinstellung auf, dass Emil eine weitere Rhythmusstörung entwickelt hat. Er leidet ja bereits seit fünf Jahren am Sick-Sinus-Syndrom, weshalb er den Schrittmacher benötigt. Nun kommt noch ein AV-Block dazu, dass bedeutet, dass der zweite von drei Überleitungsknoten des Herzens nun defekt ist. Diese Komplikation wird aber durch den Schrittmacher gut aufgefangen und es kann gut sein, dass sich das auch wieder bessert wenn das Herz und die durch die OP verursachten Narben verheilt sind.