Auf Czerny

21. Februar bis 10. März 2011

Endlich war es soweit: Diesmal war es Emil, der von den Czerny-Schwestern abgeholt wurde, um nach oben gebracht zu werden. Wir landeten im selben Zimmer, in dem wir die Nacht vor der OP gewohnt hatten, sogar im selben Bett. Wenn das mal kein gutes Omen war.

IMG_0018Emil hatte nach wir vor die Magensonde, denn die Nahrungsaufnahme klappte noch nicht optimal. Außerdem lag der ZVK (zentraler Venenkatheter) noch, da er nach wie vor einige Medikamente intravenös benötigte. Nach zwei Tagen auf Czerny kam die Magensonde raus.

Auf der Intensivstation hatte die Physiotherapeutin ihn zwar mehrmals hingesetzt, aber auf den Füßen hatte er seit fünf Wochen nicht mehr gestanden. Dies erwies sich als größeres Problem, da sich seine Muskeln zurückgebildet hatten. Außerdem weigerte sich Emil, er hatte wohl Angst und war unsicher. Erst noch und nach gelang es uns, ihn zu motivieren. Am Entlassungstag wollte er zwar immer noch nicht richtig laufen, schaffte aber immerhin ein paar Schritte zu gehen.

Ich fuIMG_0082hr unseren Wurm oft stundenlang im Buggy über die Station, vor und zurück, immer wieder. Die Tage waren anstrengend und sehr lang. Ich machte mich morgens gegen halb neun auf den Weg ins Kinderherzzentrum, meist war Emil dann grade dabei zu frühstücken. Anschließend wusch und kämmte ich ihn, putzte ihm die Zähne und zog ihm mit Hilfe einer Schwester an. Alleine konnte ich das nicht, da er ja noch immer den ZVK und ei
nige andere Zugänge hatte. Anschließend kuschelten wir, lasen ein Buch, schauten kurz im Spielzimmer vorbei oder gingen eben stundenlang über den Flur. Dabei wurden wir stets von einem großen Tropfständer mit ziemlich vielen Medikamenten in Perfusorspritzen begleitet. Ich klemmte den Ständer immer zwischen den Buggy und mich ein, so kamen wir recht gut vorwärts. Mittags fütterte ich erst Emil, dann aß ich  etwas. Anschließend machte der Wurm Mittagsschlaf. Meist blieb ich währenddessen auf Station, das ein oder andere Mal traf ich mich aber auch mit einer anderen Mutter aus der Intensivstation und wir gegen in die Stadt. Nachmittags war ich bei Emil und abends machte ich ihn bettfertig. Wenn er gegen Acht bis halb neun eingeschlafen war, ging ich entweder in die Pension oder ich traf mich erneut mit einer oder mehrerer meiner Intensivstationsbekannten. Am Wochenende kam Stefan und oft auch meine Schwiegermutter oder meine Mutter. Dann hatten Stefan und ich auch mal die Möglichkeit, ein wenig durchzuatmen.

Da Emil immer noch an dem Chylothorax litt, musste er fettfrei essen. Das war nicht immer leicht, da er eh ein schlechter Esser war/ist. Zudem war die Auswahl natürlich nicht so berauschend. Zum Frühstück und auch zum Abendessen bekam er bespielsweise Weißbrot mit Marmelade, Butter war verboten.  Das Mittagessen war auch eine Katastrophe, außer wenn es Nudeln in Tomatensoße gab, dann haute Emil so richtig rein. Erlaubt waren zudem Obst, Gemüse und Gummibärchen. Weil der Körper trotzdem Fett benötigt, erhielt Emil eine große Portion davon intravenös.

Nach und nach wurden die Zugänge immer weniger und er wurde oral auf die Medikamente umgestellt. Am achten März wurde auch der ZVK gezogen. Unser Kind war nun kabellos. Endlich.

IMG_0045Am neunten März, ich saß grade mit Emil im Spielzimmer, teilte uns die Stationsärztin schließlich mit, dass wir am nächsten Tag entlassen werden sollten. Ich konnte es erst gar nicht glauben. Nach all der Zeit, nach den Höhen und Tiefen die wir in den letzten zwei Monaten erlebt hatten, sollten wir Gießen den Rücken kehren. Das war ein unbeschreibliches Gefühl.

Am zehnten März holte uns Stefan schließlich ab und wir fuhren nach Hause!